Martin Hoffmann und André Machel kehren zum SHV zurück, Philipp Badendieck debütiert, doch Drittliga-Handballer unterliegen Vorjahresletztem HSG Ostsee dennoch 30:34
Stralsund. Die Bank der HSG Ostsee skandierte schon zehn Sekunden vor Ende der Drittligapartie „Auswärtssieg“ und schaltete nach Abpfiff in den Partymodus, der noch lange nachdem die Vogelsanghalle am Samstagabend geräumt war, anhielt. Die Handballer des Stralsunder HV hingegen sanken nach der 30:34 (13:15)-Niederlage zu Boden und vergruben ihr Gesicht im Trikot. Trainer Steffen Fischer fasste sich ungläubig an den Kopf und suchte nach Worten. „34 Gegentore zuhause – das ist einfach zu viel!“
Ein Hauptgrund für die defensive Anfälligkeit gegen einen Gegner, der vergangene Saison als Tabellenletzter durchschnittlich nur 24 Tore pro Partie warf, war hingegen schnell gefunden. „Mir fehlen sämtliche zentrale Defensiv-Stützen der vergangenen Jahre“, verdeutlichte Fischer. Neben Martin Brandt (Achillessehnenriss) hatte sich Ole Prüter beim Spiel in Braunschweig an der Schulter verletzt und wird noch mindestens zwei Wochen ausfallen. Jakub Vanek hatte im Sommer seine Karriere beendet. „Mitte der Woche stand ich ohne Kreisläufer da“, hob Fischer die prekäre Personalsituation beim SHV heraus.
Die Lösungen, die Geschäftsführer Markus Dau und der Trainer ad hoc am Sonnabend aus dem Hut zauberten, waren kreativ und erstaunlich. Martin Hoffmann wurde für ein Spiel aus der Handball-Rente, die er eigentlich seit April 2019 genießt, zurückgeholt. Ebenso kehrte André Machel als Kreisläufer an seine alte Wirkungsstätte zurück und Philipp Badendieck, Kreismitte der SHV-Reserve, gab sein Drittliga-Debüt.
Badendiecks 20 000 Szenarien
Das begann auch ganz ordentlich. Der 29-Jährige traf zum 3:2 nach überragendem, verdecktem Anspiel von Ersatz-Kapitän Florian Zemlin. „Seit Samstagmittag hatte ich 20 000 Szenarien im Kopf, wie das Spiel laufen könnte. Ein eigenes Tor war auch dabei, aber keine Niederlage“, sagte Badendieck, der kurzfristig von seinen Startsieben-Einsatz einfahren hatte.
Kurz darauf war die Führung zunichte, weil die Stralsunder dann Schwächen bei der Verwertung von Großchancen zeigten. Ab dem 5:6 (14.) liefen die Hausherren stets einem Rückstand hinterher, den sie zunächst immer wieder ausgleichen konnten. Doch von einem Drei-Tore-Hintertreffen kurz vor der Pause erholten sie sich bis zum Schluss nicht mehr (11:13/27.).
Erste Hälfte gut, zweite „außer Kontrolle“
„Für die Analyse müssen wir das Spiel teilen. In der ersten Halbzeit haben wir sehr viel richtig gemacht, uns aber viel zu wenig belohnt. Paradebeispiel dafür ist, dass wir zwei Überzahlsituationen verlieren“, ärgerte sich Steffen Fischer und schob nach: „Das pusht die eine Mannschaft und zieht die andere runter. So gingen wir auch in die zweite Hälfte – mental abwesend. Es mangelte am Selbstvertrauen.“
Eine Viertelstunde vor Schluss sah es nach einem ganz bitteren Abend für den SHV aus. Die Gäste aus Schleswig-Holstein zogen zwischenzeitlich auf acht Tore davon (27:19/45.). „Dann geriet das Spiel völlig außer Kontrolle“, so Fischer, der alles versuchte. 4-2-, 3-3- oder gar Manndeckung – es half alles nichts.
Aus viermonatiger Pause in den Drittliga-Kampf
Am Ende reichte es nur noch für Ergebniskosmetik, auch dank der zwei Treffer von André Machel. Der 28-Jährige bekam genau vor einer Woche einen Anruf von Markus Dau. „Eigentlich wollte ich mich bis Dezember raushalten, weil ich körperlich bisschen Probleme hatte und arbeitsmäßig stark eingebunden war. Doch wann bekommst du nochmal die Chance, dritte Liga zu spielen?“, äußerte sich Machel, der ursprünglich in Diensten von MV-Ligist HSV Grimmen stand und vier Monate lang keinen Handball geworfen hatte.
Machel wurde beim SHV ausgebildet, spielte mit der A-Jugend in der damaligen Regionalliga, schaffte dann den Sprung ins Team der ersten Männer. 2013 machte er sein letztes Drittliga-Spiel. Nach Stationen beim HSV Insel Usedom und HSV Grimmen ist Machel nun wieder zurück am Sund. Die Eingewöhnung ins Team dauerte nicht lange. „Im Dienstagstraining kamen mir einige Spielkombination noch bekannt vor. Hier herrscht ein super Teamgeist und die Jungs spielen einen schnellen Ball“, sagte Machel.
Ungewohnt war dagegen die Gangart in der neuen Spielklasse. „Hier musst du am Kreis richtig kämpfen für dein Tor“, behauptete Machel. Kollege Badendieck stimmte ein: „Körperlich ist das was ganz anderes. Hier hast du ordentliche Brocken im Block.“ Gut wäre, wenn sich die neuen Optionen am Kreis schnell an den „Kampf gegen die Brocken“ gewöhnen. Am kommenden Sonnabend steht das Duell beim Oranienburger HC, der einen einstelligen Tabellenplatz anvisiert, an.
Ostsee-Zeitung
Horst Schreiber
Foto: bilderhorizonte.de
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