Das Spiel zwischen dem Stralsunder HV und dem VfL Potsdam bot im Schnelldurchlauf alle Facetten, die ein Handballspiel attraktiv machen. Am Ende feierte der SHV das 26:26 wie einen Sieg vor der Tribüne – die musste aber leer bleiben.
Die Rollen zwischen dem Stralsunder HV und dem VfL Potsdam waren vor der Partie eigentlich klar verteilt: Auf der einen Seite der „Quasi-Aufsteiger“ vom Strelasund, der mit Mann und Maus um einen Platz über dem Strich kämpft. Auf der anderen die Handballer aus Potsdam mit Trainer Bob Hanning, bei denen alles auf den Aufstieg ausgerichtet ist. An diese klassische Rollenverteilung einer eindeutigen Begegnung in der 3. Liga wollte sich das Drehbuch beim 26:26 (13:15) aber nicht halten. „Was hier los wäre, wenn die Ränge voll wären“, wiederholten die Verantwortlichen des SHV immer wieder, während sie kaum fassen konnten, was ihre Mannschaft auf dem Feld erreicht hat. Die feierte den Punktgewinn in Richtung der Kamera vom Livestream und den Aufbauhelfern, die während des Spiels mit Trommeln die leeren Ränge in den Hintergrund rückten.
„Nachdem wir zwischendurch mit fünf oder sechs Toren hinten gelegen haben, ist das hier definitiv ein gewonnener Punkt“, sagt Benjamin Schulz, nachdem er sich aus der Jubeltraube der Mannschaft gelöst hat. „Es war insgesamt eine super Hinrunde. Wir sind nicht nur erfolgreich, sondern haben dazu einfach Spaß, Handball zu spielen“, so Schulz weiter, der mit der Ausbeute von 13 Punkten vor der Winterpause hochzufrieden ist. Dem weiterhin ungeschlagenen Spitzenteam einen Zähler abgerungen zu haben, wirkte dabei noch wie ein Weihnachtsbonus. „Wir hatten aber insgesamt nur wenige Spiele, in denen wir klar verloren haben – wir hatten eigentlich immer eine Chance“, so Schulz.
Auf dem Feld konnte man den Stralsundern erst nach Abpfiff den Spaß am Handball wieder ansehen. Zuvor wirkte das Duell eigentlich bereits frühzeitig entschieden. In der 40. Minute zogen die Gäste aus Potsdam auf 20:14 davon. Das Straucheln und die zu vielen technischen Fehler des VfL wurden nicht konsequent bestraft, bei den aufopferungsvoll kämpfenden Stralsundern wirkte es so, als wäre der Akku leer. Zahlreiche Zeitstrafen, in einem Spiel, welches aus der Sicht von Schulz „eine gesunde Härte“ hatte, machten eine Aufholjagd noch schwerer. Doch wie aus dem Nichts waren die Gastgeber wieder wach und nutzten jeden kleinen Fehler des VfL. Zwei Tore von Rechtsaußen Johannes Trupp und der achte Treffer von Linus Skroblien sorgten beim 24:25 dafür, dass Bob Hanning eine Auszeit nehmen musste, um sein Team aus der Verunsicherung zu holen. Ohne Erfolg, denn in einer hektischen Schlussphase blieb der gut aufgelegte Jan Kominek im Tor des SHV bis zur Schlusssirene ruhig und lenkte den letzten Wurf der Potsdamer mit dem Fuß um den Pfosten.
Das Zusammenspiel aus der aggressiven 6-0-Deckung und einem guten Torhüter war über die gesamte Spieldauer erneut der Erfolgsgarant. 26 Gegentore gegen den VfL sind absoluter Bestwert der Saison, bisher schaffte es keine Mannschaft, den gefährlichsten Angriff der Liga bei unter 30 Toren zu halten. „Wir haben sehr gut gestanden und einfach alles gegeben in der Verteidigung. Da hat sich dann sogar der VfL im Spielaufbau schwer getan“, sagt Schulz, der genau wie Johannes Trupp immer wieder die Pässe der Gegner erahnte und den Ball klaute. In der Mitte wuchs Kreisläufer Fiete Berger, der den verletzten Ole Prüter ersetzte, trotz völliger Erschöpfung über sich hinaus.
Nach sechs Spielen ohne Niederlage in Folge haben die SHV-Akteure etwas Zeit, um ihre Speicher wieder aufzuladen. Sollte das ausgefallene Rückspiel gegen den VfL Potsdam nicht früher terminiert werden, steht die nächste Prüfung am 15. Januar beim Oranienburger HC an.
#zusammeneinziel
Niklas Kunkel (Ostsee-Zeitung)